Simotova, Adriena

Die Prager Künstlerin, geboren 1926, wuchs in einer tschechisch-französischen Familie auf. Ihre Lebenserfahrungen wurden geprägt vom Einfluß der demokratischen Traditionen der 1.Tschechoslowakischen Republik, von der Kriegszeit und später von der sich abschottenden Gesellschaftsstruktur ihres Landes inmitten eines sich teilenden Europas. Freundschaften aus der Studienzeit an der Staatlichen Graphischen Schule und an der Kunstgewerblichen Hochschule schufen das Fundament für die Künstlergruppe UB 12, deren Mitglieder mit dem Blick auf die humanistischen Werte der europäischen Kultur die tschechische bildende Kunst in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts entscheidend mitprägten. Einer von ihnen war der Maler und Graphiker John, der Adriena Simotová als Ehemann Partner wurde, künstlerisch aber seinen selbständigen Weg ging.

Ende der 60er und in der ersten Hälfte der 70er Jahre entfaltete Adriena Simotová ihr künstlerisches Profil und ihre menschliche Reife. Vieles von ihrer späteren Entwicklung hat sich in ihrem graphischen Schaffen vorbereitet, in dem sie auch als erstes international gewürdigt wurde. Sie wollte die Kommunikativität ihrer Werke steigern und trennte sich – als anerkannte Malerin – von der Malerei. In neuen Verfahren reflektierte sie nachdrücklicher die menschliche Personalität in für sie wesentlichen Beziehungen und Situationen. Ihre künstlerische Äußerung oszillierte dabei zwischen Textrelief, Collage, Zeichnung, Installation, Objekt und auch Elementen der Aktionskunst.

Adriena Simotová lieferte in dieser Zeit einen bedeutenden Beitrag zu Themen der Existenzphilosophie, ihre zentralen Motive wurden Kommunikation und Begegnung. Sie wurde zu einer der einflußreichen Persönlichkeiten der tschechischen inoffiziellen Kulturszene. In den 80er Jahren arbeitete sie wiederholt in dem leerstehenden und verfallenden Areal des ehemaligen Franziskanerklosters in Hostinné (Arnau), wo sie einen ihrer glanzvollsten Zyklen schuf: perforierte räumliche Zeichnungen auf geschichtetem Karbonpapier, Frottagen ihrer selbst und nahestehender Personen und auch Frottagen des Ortes, des Sakralbaus mit langer geistlicher Tradition in der Situation seiner radikalen Bedrohung. In der sich lockernden politischen Atmosphäre ab Ende der 80er Jahre konnte Simotová auch wieder im Ausland ausstellen. Studienaufenthalte in Paris, sie arbeitete in einem Atelier des Centre Pompidou, brachten neue Anregungen.

Zeitgleich mit der Ausstellung in Regensburg wird eine Retrospektive im Veletrní palác Národní galerie v Praze (Messepalast der Nationalgalerie in Prag) zu sehen sein. Ihre Werke zeigen den kontinuierlichen Weg, auf dem sie sich mit der menschlichen Identität auseinandersetzt. Der Beitrag Adriena Simotovás zu der Ausstellung im Diözesanmuseum wird dominiert von der Arbeit Spiegelung der Nächte: ein Satz von zwölf Zeichnungen auf Graphitpapier, die zusammen mit ihrer Adjustierung in Plexiglas einen Spiegeleffekt hervorrufen. Der Betrachter wird direkt Beteiligter des Bildes, dem er hier begegnet ein Schritt über die Grenzen der Wirklichkeit.

Adriena Simotová widmete sich in den 50er Jahren dem Malen von Landschaften und städtischen Szenerien. Später tauchte in ihrer Arbeit eine strukturale und lyrische Abstraktion mit Elementen der Collage auf. Sie suchte nach ihrer eigenen Sprache in einer Zeit, in der die Beziehungen zu der internationalen Kunstwelt immer wieder eingeschränkt wurden. Die politische Lockerung der 60er Jahre eröffnete ihr neue Ausstellungsmöglichkeiten im Kontakt mit den kulturellen Zentren Westeuropas. Ihre neuen schöpferischen Möglichkeiten wurden jedoch schmerzlich belastet: Zum einen durch die Krankheit ihres Mannes, den sie bis zu seinem Tod im Jahr 1972 pflegte. Zum anderen auch durch die Enttäuschung über die gesellschaftliche Entwicklung der Tschechoslowakei.