Fritz von Herzmanowsky Orlando (Künstler-Portrait)
Fritz von Herzmanovsky-Orlando (30. April 1877 – 27. Mai 1954) wurde als Friedrich Josef Franz Ritter von Herzmanowsky in Wien, Österreich-Ungarn, geboren. Er war ein österreichischer Schriftsteller und Zeichner.
Der Sohn des Mininisterialrats Dr. Emil Ritter von Herzmanovsky und der Luise Edlen von Orlando besuchte 1887 bis 1896 das Theresianum und zeigte bereits in 1890er Jahren künstlerisches Talent in Zeichnungen, Holzschnitten und Radierungen. 1896 bis 1903 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule Wien.
Anfang des 20. Jahrhunderts lernt Herzmanovsky-Orlando Karl Wolfskehl, Oskar A. H. Schmitz, Gustav Meyrink, Alfred Kubin und den Linzer Sammler und Kulturhistoriker Anton Maria Pachinger kennen. Mit ihnen allen verbindet ihn lebenslange Freundschaft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzt er sich vehemt für eine Rückkehr Wolfskehls aus dem neuseeländischen Exil ein. Am 25. Februar 1911 heiratet FHO Carmen (eigentlich Maria Elisabeth Irma) Schulista (* 17. Jänner 1891 Budapest, † 1. April 1962 Innsbruck).
Architektonisches, bildnerisches und literarisches Werk
Zu den architektonischen Werken Herzmanovsky-Orlandos zählen 5, Viktor-Christ-Gasse 9 (1905/1906), 5, Wehrgasse 22 (1910, gemeinsam mit Fritz Keller) und 18, Czartoryskigasse 5 und 7 (1912). Die Architektur der Gebäude ist schlicht und eher elegant zu nennen. Friedrich Achleitner bezeichnete das Haus Wehrgasse 22 als “für 1910 ungewöhnlich streng, eher eine Vorwegnahme des Purismus der zwanziger Jahre”.
1916 endetHerzmanovsky-Orlandos Tätigkeit als Architekt. Auch die in der Zentralkommission für Denkmalpflege beendet er. Er übersiedelt 1917 aus gesundheitlichen Gründen nach Meran, wo er als Privatier seine Doppelbegabung auslebt. Hier entstehen neben dem umfassenden grafischen Oeuvre mit sehr surrealen Zügen die großen literarischen Werke, etwa die Roman-Trilogie “Der Gaulschreck im Rosennetz” oder “Rout am Fliegenden Holländer” sowie “Das Maskenspiel der Genien”. Auch einige Novellen (“Der Kommandant von Kalymnos” oder “Cavaliere Huscher”) schreibt er in Meran.
Einige seiner Erzählungen widmen sich dem anekdotischen Umfeld des Bekanntenkreises (“Dem Andenken der großen Naiven Stella Hohenfels”, “Don Carlos”, “Kleine Geschichten um Gustav Meyrink”, “Beethovens letzte Magd” und andere). Formale Überlegungen veranlassen Herzmanovsky-Orlando, dessen Werk sich insgesamt nur schwer irgendwelchen literarischen Gattungen zuordnen lässt, dazu, Prosatexte auch als Dramen zu gestalten. (“Der Kommandant von Kalymnos”, “Die Krone von Byzanz”, die Novelle “Apoll von Nichts” oder das Drama “Exzellenzen ausstopfen − ein Unfug”). Weitere Dramen sind “Die Prinzessin von Cythera”, “Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter”, “‘s Wiesenhendl’ oder Der abgelehnte Drilling” und “Prinz Hamlet der Osterhase oder ‘Selawie’ oder Baby Wallenstein”. Freundschaften mit Schauspielern und Tänzerinnen ließen neben Dramen auch Ballette entstehen (“Youghiogheni”, “Abduhenendas mißratene Töchter” und andere).
Die Schwerpunkte in Herzmanovsky-Orlandos Werk sind Matriarchats- und Androgynitätsmythen. In der Hauptsache beschäftigt ihn spielerischer Eklektizismus. Historische Phänomene verlegt er in entlegenste wie abstruseste Ursprünge. Nicht historische Abläufe zeichnet er nach, sondern ein vielschichtiges Resümee vieler Jahrhunderte, allesamt vergangen, und er verschreibt sich zum Schluss einer österreichischen Vergangenheit, die ihm 1918 mit dem Ende der Monarchie beendet erscheint. Zwar beschäftigt er sich gegen Ende der Monarchie – unter Vorbehalten – mit Ariosophie, doch gewinnen immer deutlicher surreale und anarchische Tendenzen Raum. Sein Werk ist also formal und inhaltlich in der Avantgarde anzuseideln (“Avantgardist malgré lui”, Schmidt-Dengler). Ein markantes Merkmal ist die Bildhaftigkeit seiner Literatur, in der sich die Ideenwelt seiner Grafiken spiegelt.
Editionen
Zu Lebzeiten des Autors bleibt sämtlichen Texten (mit Ausnahme des “Gaulschrecks” (1928) und des “Kommandanten von Kalymnos” – Privatdruck 1926) ein Veröffentlichen versagt. Neben dem Fragmentcharakter ist die ästhetische Kategorie einer gewissen Unabgeschlossenheit der meisten Werke der Grund dafür. Friedrich Torbergs Aufarbeitung seiner Literatur in den 1950er Jahren lässt durch quantitative sowie qualitative Eingriffe als “herzmanovskysch” werden, was der Begriff im Sprachgebrauch bis heute aussagt. Er ist Zeichen für Verkauztes und Grotesk-Komisches.(Gesammelte Werke, vier Bände, München 1957−1963). Die ab 1983 edierte kommentierte Ausgabe “Sämtlicher Werke” (in zehn Bänden herausgegeben im Auftrag des Forschungsinstituts Brenner-Archiv) und die vierbändige Prosa-Ausgabe zeigen uns das originale Oeuvre des umfassend gebildeten, intelligenten Fritz von Herzmanowsky-Orlando. Er signiert zumeist seine Zeichnungen (oft Farbstift) wie ein Chronist mit genauem Datum und dem Kürzel FHO.
Zeittafel
1877 als einziges Kind des Ministerial Vizesekretärs im Ackerbauministerium Sektionarat Ritter Emil von Herzmanovsky-Orlando und dessen Frau Aloisia von Orlando unter dem Namen Friedrich Josef Franz von Herzmanovsky-Orlando ins Geburten-Register eingetragen. Die väterliche Linie sind hohe Beamte und Offiziere, die mütterliche Linie von führt nach Florenz, Venedig und Byzanz.
1887-1906 Gymnasiast am Theresianum in Wien, Abschluss mit Matura
1896-1903 Architekturstudium an der Technischen Hochschule Wien. Abgang als Stadtbaumeister.
1903 FHO lernt Alfred Kubin kennen, durch den er später zu Oscar A. H. Schmitz, Franz Blei, Alfred Schuler, Karl Wolfskehl und Gustav Meyrink in Beziehung tritt. Beschäftigung mit mystischen Phänomenen. Reisen mit Kubin nach Dalmatien und Oberitalien (1903 und 1908)
1908 Mitglied der Zentral-Kommission für Kunst- und historische Denkmalpflege
ab 1903 Architektonische Arbeiten hauptsächlich an Restaurierungsvorhaben in Wien, Niederösterreich und Tirol, u.a. für Thronfolger Franz Ferdinand. Reisen nach Holland und England.
1911 Am 25. Februar Vermählung mit Maria Carmen Schulista (Geb.1891 in Budapest) in Wien. Reise nach Korsika. Beginn eines chronischen Nierenleidens. Nach der Heirat zahlreiche Reisen nach Ägypten, Italien, Dalmatien, Zypern, Griechenland und die venezianisch-griechischen Inseln (bis 1914)
1916: Übersiedelung nach Meran aus gesundheitlichen Gründen. Damit Beendigung der mehrjährigen Tätigkeit als Architekt und in der Zentralkommission für Denkmalpflege des Ministeriums für Kultus und Unterricht.
1917: Namensvereinigung auf Herzmanovsky – Orlando.
1919/1920: Höhepunkt der graphischen Tätigkeit. Ab 1918 Hinwendung zu literarischer Arbeit.
1926: ‘Der Kommendant von Kalymnos’ erscheint in 100 Exemplaren
1927: FHO zeigt im Berliner Glaspalast 75 farbige Blätter.
1928: ‘Der Gaulschreck im Rosennetz’ erscheint bei A. Wolf in Wien.
1932: Ausstellung in der Galerie Würthle in Wien.
1939-1946 Kriegsbedingter Wechsel des Wohnsitzes nach Malcesine am Gardasee, um der Ausbürgerung zu entgehen
1946 Rückkehr nach Meran
1954 stirbt FHO am 17. Mai im Alter von 77 Jahren.