Die Königsdisziplin der Malerei ist das Öl
Die Ölmalerei gehört nicht nur zu den erfolgreichsten und teuersten Mal-Gattungen im Kunstbetrieb, sie gehört auch an erster Stelle genannt. Bereits im frühen Mittelalter wurden Bilder in Öl oder Tempera angefertigt und in die Altäre eingebaut. Die Haltbarkeit über mehrer Jahrhunderte macht das Ölbild zu einer quasi sicheren Marke.
Öl und Tempera ist haltbar und die Farben verändern sich kaum, jedenfalls nicht sehr schnell. Im Laufe mehrere Jahrhunderte aber werden sie doch fahl und fad, im Vergleich zum Ursprung. Im Zuge der Restaurierung von Altären ist man nämlich draufgekommen, dass die Farben dunkler werden. Was wir heute als das Mittelaltlerliche in der Tafelmalerei ansehen, ist in Wahrheit die Patina der Jahrhunderte. Durch Tiefenproben hat man nämlich erkannt, dass die Pigmente abgesunken und oberflächlich düster geworden sind und die Farbe dadurch fahl wird und nachdunkelt, während der Ursprung sehr kräftig war. Das Blau oder grün, wie wir es von solchen Altären kennen, ist in Wahrheit schreiend gewesen, grasgrün und nicht totes dunkelgrün, blitzblau statt altblau. Im Kunsthistorischen Museum Wien hat man manche Altäre (die Zipser Altäre zum Beispiel) wieder in diesen Zustand zurückversetzt, sie entsprechen also dem eines Originals aus der Zeit, aber plötzlich nicht mehr unseren Sehgewohnheiten. Man erinnert sich ob der kräftigen Farbigkeit mehr an das Rokoko als an die Spätgotik.
Die klassische Ölmalerei ist mehrstufig aufgebaut. Der Künstler muss auch mehrfarbig denken, denn wirklich brilliant wird ein Ölbild durch die komplementäre Untermalung, d.h., dass der Maler nach der Grundierung (in der Regel Kreide) zuerst die Komposition anlegt (meist mit Graphitstift), und sodann eine Komlementärmalerei anlegt (die komplementäre Farbe liegt also unter der eigentlichen – blau wird gelb untermalt und grün mit rot unterlegt usw). Erst nach Trocknung der ersten Komplementär-Farbschichte wird in mehrern Lagen dann die eigentliche Farbe aufgebaut (Lasurtechnik oder Schichtenmalerei). So entsteht das, was man in der Malerei als “Körper der Farbe” bezeichnet. Auch wird der Farbton mit der Untermalung eine Symbiose eingehen und alle Farben verstärken sich gegenseitig. Wenn nun die gesamte Komposition steht, kommen die Finessen wie Plastizität, Lichtpunkte, weiße Höhungen etc. hinzu. Das verhilft einem Ölbild zu jenem Licht, ohne das ein Ölbild nicht als gelungen bezeichnet werden kann. Damit wird klar, dass ein Maler erstens zeichnen können müss (er muss die Komposition anlegen, von der er aber im Malprozess durchaus abweichen kann) und dass er zweitens das Licht in sein Bild bringen muss.
Natürlich gilt die Ölmalerei bis heute als die Königsdisziplin. Allerdings ist die komplementäre Untermalung meist weggefallen, auch die Lasurtechnik wird nur noch von manchen Könnern angewendet. Manchmal wird das Öl auch mit anderen Farben gemischt, beispielsweise Acryl oder auch Zeichenmaterial wie Ölpastell oder sogar Tuschfeder. Auch Druckplatten werden mit Ölfarbe bemalt und auf die Leinwand gepresst, womit wiederum ein besonderer Effekt erzielt werden kann. In sehr pastosen Ölbildern, wie sie etwa Alfons Walde angefertigt hat, entsteht durch die Wildheit des Farbauftrags eine sehr expressive Wirkung. Ins Extrem steigert sich diese Expression zb bei den neuen Wilden und auch in der Gruppe der Wirklichkeiten. Noch extremer ist diese expressive Technik, wenn die Farbschicht verschwenderisch mehrere Zentimeter dick aufgetragen wird, oft direkt aus der Tube. Der Durchtrocknungsprozess wird dadurch extrem verlängert, die Farbe bleibt sehr lange elastisch. Später kann sie allerdings reißen.
In Öl kann auf verschiedenen Untergründen gearbeitet werden, ob Leinwand oder Holz, Molino u.a.m. Alle diese weichen Materialien werden zumeist mit einem Kreidegrund vorbereitet. Auch moderne Spanplatten, Glas, Metall u.a.m. finden Verwendung für Ölbilder. In den 50er Jahren war die Hartfaserplatte sehr beliebt (weil billig!). Malerei auf Hartfaserplatte ist auch ohne Grundierung sehr gut haltbar und hinterlässt im Normalfall keinerlei Krakelee (=Risse). Manchmal verwendet der Künstler auch die natürliche braune Farbe quasi als Untermalung, was die Farbschicht in Lasurtechnik natürlich verändert.
Die Ölmalerei birgt aber auch Gefahren. Wird das Öl zu schnell, also bevor eine Malschicht trocken ist, erneut übermalt, entstehen Risse, die s.gen. Krakelee (franz. von craquelé =rissig, gesprungen). Deshalb ist die Ölmalerei zumeist der aufwändigste Maltechnik und sehr zeitraubend, weil die einzelnen Trocknungsprozesse bei Schichtenmalerei/Lasurtechnik einzuhalten sind.
Die soganennte Primär-Krakelee breitet sich wie Spinnweben aus und je feuchter die Ölfarbe vor dem Übermalen war, desto heftiger tritt sie auf. Sie hinterlässt z.T. tiefe Risse und kann späterhin auch schollenartig abspringen. Diese kann als Fehler gelten, ist sie doch dem Umstand geschuldet, dass der Maler nicht richtig ausgebildet wurde. Solche Ölbilder sind meist ein Fall für den Restaurator.
Die s.g. Sekundär-Krakelee hingegen breitet sich ungerichtet und meist über das ganze Bild nach allen Richtungen gleichmäßig aus und hinterlässt sehr feine Risse. Die Sekundär-Krakelee einer Ölmalerei ist ein reiner Alterungsprozess, meist der Trockenheit geschuldet.
Um ein Ölbild vor Austrocknung zu schützen, wird nach dem gänzlichen Durchtrocknen ein Firnis aufgetragen (meist auf Leinölbasis). Er hält die Farben frisch, verhindert zu starkes Austrocknen und hinterlässt einen leichten bis starken Glanz (je nach Produkt). Man kann den Firnis abnehmen und neu ersetzen, wenn ein Bild etwa durch Zigarettenrauch oder andere Verschmutzung nachgedunkelt ist.