Fälschung in der Kunst, Kunst in der Fälschung (Teil 1): Die Anfänge
Die Anfänge der Kunstgeschichte und damit der Frage nach der Fälschung
Die Kunst wurde eigentlich gefälscht, seit sie ein einträgliches Gewerbe ist. Und darüber kann man auch nicht sicher sein. Wer kann schon sagen, ob die Höhlenmalereien von Altamira damals auch schon einen Nachahmer gefunden hatten? Sicher ist, dass die bekanntesten Künstler bereits zeitgenössisch gefälscht wurden. Bekannt wurde das Phänomen spätestens in der Renaissance, wo einer der ersten Kunsthistoriker, Giorgio Vasari, der Frage der Urheberschaft von Kunst auf den Grund ging.
Giorgio Vasari, der erste Kunsthistoriker im modernen Sinn
30. Juli 1511 in Arezzo – 27. Juni 1574 in Florenz
Um der Geschichte der Fälschung näherzutreten und diese auch in ihrer Substanz erkennen zu können, sie auch auseinanderzudividieren in bewusste und unbewusste, in absichtliche und zu Studien gedachte Fälschung/Kopie, muss wie in vielen Fällen die große Zäsur in der Kunstgeschichte, die Renaissance, herangezogen werden. Die Renaissance erst macht es möglich, dass der Künstler sich als solcher fühlte und sich vom reinen Handwerker abhob. Dieses Selbstverständnis des Künstler wuchs bis heute an und wird leider oft übertrieben. Kein Mensch kam auf die Idee kam, über etwa die Tischler ein Standartwerk zu verfassen, als Vasari über die Bildhauer und Maler der Zeit selbiges sehr wohl schrieb.
Giorgio Vasari entstammte einer Töpferfamilie aus Arezzo. Seinem Vater glückte es, ihn bei den Medici in Florenz zur Ausbildung unterzubringen, wo er mit den beiden Söhnen, Ipolito und Allessandro, studieren durfte und sich mit diesen freundschaftlich verband. Er lernte dort nicht nur das literarische Handwerk, er lernte auch alles über Malerei. Der Republikanische Umsturz von 1527 zwang ihn zu fliehen und nach Arezzo zurückzukehren. Da sein Vater im selben Jahr starb, musste nun Giorgio für den Unterhalt der Familie sorgen. Er nahm jede Arbeit an, die sich bot. 1530 ging er mit Ipolito nach Rom, kam mit Papst Clemens VII in Kontakt und damit mit vielen Malern der Zeit, u.a. mit Michelangelo. Die Ermordung seiner beiden Freunde und Gönner Ippolito und Allessandro de Medici durch Lorenzino de Medici warf ihn in eine tiefe Depression. Er ging in den Orden der Olivetaner in Camoldi, wo heute noch fünf große Tafelbilder seiner Hand in Verwahrung sind. 1538, wieder stabilisiert, kehrte er nach Rom zurück. Im selben Jahr wurde er von Oliviano de Medici erneut nach Florenz eingeladen, doch er lehnte ab.
Ab 1539 reist er, wie viele Künstler es wie die Handwerker machten. Er ist in Bologna, Arezzo, Venedig, Rimini und in vielen Städten der Emilia und Veneziens. Er traf sehr viele zeitgenössische Maler und seines literarischen Talents wegen schrieb er alles auf, was er über diese erfuhr, um diese Aufzeichnungen später in Le Vite de’ più eccellenti pittori scultori ed architettori (kurz “Le vite”) zusammenzufassen. Es sollten diese Lebensbeschreibungen das erste kunsthistorische Buch der Weltgeschichte werden.
Vasari markiert auch den Beginn der Neuzeit, er wertet die Gotik streng ab und die Renaissance (Erneuerung) galt ihm alles. Sein Begriff von Ästhetik war der Gotik (abgeleitet von gotico = barbarisch, fremd, wild) völlig fremd und umgekehrt. Er empfand mittelalterliche Kunst als UN-Kunst, als Handwerk (was es weitgehend auch war). Ihm fehlte in der Gotik die feine Art; auch im Inhalt. Er war es auch, der überhaupt als erster 1550 von Renaissance (rinascita = Erneuerung, Wiedergeburt) sprach. Es war das Aufstehen der Antike im Dreigestirn Raffael (der klassische, der alle antike Kunst akribisch vermessen hat), Leonardo (der Geist, der auch Erfinder wurde) und Michelangelo (der Intuitive, der Getriebene, der Imaginist).
Ab 1542 ist er wieder in Arezzo ansässig. Er malt die Sala del Camino in Tempera aus, wobei er auch den Einfluss der Gestirne auf den Menschen zeigt (Darstellung der Tugenden und Laster und der Einfluss der Gestirne auf diese). Die Ränder zeigen die Tierkreiszeichen.
1544/45 ist er in Neapel, dann zurück in Rom. Er geriet in unter die Fittiche der Farnese, was seine Rückkehr nach Florenz behinderte, weil die Farnese mit den Medici verfeindet waren. Er war nun dort angelangt, wo er hinwollte: Ein anerkannter und gesuchter Mann. Er malte und schrieb, begann ab 1545 seine erste Fassung der Vite zu schreiben, beginnend chronologisch mit Cimabue, dem ersten echten Renaissance-Maler (1240 – ca 1302). Es wurden insgesamt 318 Künstlerbiographien, heute auseinandergerissen und verteilt auf mehrere Sammlungen. Manches darin ist ungenau oder gar Fiktion, aber dennoch gelten diese Aufzeichnungen als das erste kunsthistorische Buch über die Renaissance.
Er verliebte sich in Maddalena Bacci, die zwei uneheliche Kinder hatte. Eine Heirat wäre unmöglich gewesen, also endete diese Liebe in der Heirat mit der erst elfjährigen Schwester Maddalenas, Niccolosa. Varari kehrte 1550 mit ihr nach Florenz zurück. Der Druck der Vite wurde dem Florentiner Verlag Torrentino überlassen, die Widmung an Cosimo I de Medici dürfte ein Versuch gewesen sein, die Medici wieder für sich zu gewinnen.
Er schaffte in den letzten Jahren in Rom und Florenz viele seiner Hauptwerke, u.a. die Fresken der Villa Giulia für Papst Julius II. Nach dem Arno-Hochwasser im Jahr 1557 war er bei vielen Gebäuden am Wiederaufbau beteiligt (u.a. Palazzo Vecchio und Bau der Uffizien samt Gang zum Palazzo Pitti). Er war zum Hofarchitekten avanciert. Sein letztes Werk, die Domkuppel von Santa Maria del Fiore blieb beim Tod unvollendet. Federico Zuccari vollendete sie.