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Wie gestalte ich als junger Künstler meinen Preis?

Als junger Künstler, der am Beginn einer vielleicht lohnenden Karriere steht, was er sich jedenfalls sehnlichst wünscht, ist, abgesehen von einer fundierten Ausbildung, die Preisgestaltung von immenser Bedeutung. Somit gliedere ich diesen Artikel in 2 Hauptfelder: Wie gestalte ich meine Preise? Was muss ich beachten, wenn ich im Kunsthandel Fuß fassen möchte?

A) Wie gestalte ich meine Preise?

Als junger Künstler solltest du als allererstes über deine Preise Bescheid wissen und auch über die Mechanismen im Kunsthandel (s.a. Punkt B). Ein Vorschlag wäre: Berechne deine Arbeitsstunde deiner Ausbildung nach wie ein Lehrling, ein Geselle oder ein Meister. Nun rechne für die Bild-Idee einen Sockelbetrag, der in der Regel die Arbeit selbst nicht übersteigen sollte, hinzu. (Dem genialen Wurf in fünf Minuten hingeworfen ist ohnehin selten zu trauen.) Jetzt kalkuliere noch das Material (Farben, Pinsel, Zeichenstifte, Leinwand, Papier etc.) und rechne den Betrag ein. Jetzt hast du den s.gen. Netto-Atelierpreis. Nun verdopple das, addiere die MWST und du bist auf einem ersten Verkaufspreis. (Es gibt auch Galerien, vor allem in den USA, die mehr Prozente als üblich nehmen, für die gilt, sie sollen deinen Atelierpreis = halber Preis selbst kalkulieren, aber lass dich nicht auf das Spiel ein, dass diese überhöhten Preise dann alle Galerien haben müssten.)

Tipp: Rechne im Arbeitspreis auch die Arbeit der Vorbereitung in Skizzen bzw. das Ausformulieren einer Bildidee ein.

Ich erzähle dir eine Geschichte dazu: In China gab es einmal einen berühmten Pinselzeichner, er wurde der Meister des Hahns genannt. Eines Tages besuchte ein sehr reicher Mann sein Atelier. Er wollte den ultimativ schönsten Hahn des Meisters. Der vertröstet ihn auf später, er würde ihm den besten anfertigen. Monate gingen ins Land und der Käufer wurde immer ungeduldiger. Endlich, nach einem Jahr, war es soweit. Der reiche Käufer stand vor einer Staffelei, die mit einem Tuch abgedeckt war. Der Meister zog das Tuch fort und es erschien eine sehr kleine Zeichnung eines Hahns bestehend aus nur einem einzigen schwungvollen Strich. Der Preis war gesalzen, entsprach gar dem Jahreslohn eines Arbeiters, und der Käufer fragte, wieso so viel Geld für nur einen Strich? Der Meister öffnete einen Schrank und heraus purzelten hunderte Vorstudien zu diesem Hahn.

Mit solchermaßen erstellten Preisen beginnend kannst du nicht viel falsch machen. Wenn nun ein dir gleichgestellter Kollege zu dir sagt, du seist ja viel zu billig, dann beachte seine Verkäufe. Wenn er sagt, Kunsthändler seien Gauner (womit er in zum Glück wenigen Fällen recht hat), betrachte seine Verkäufe. Bleibe bei deinen Preisen und mach dem Händler ebenso Freude wie dem Sammler. Vorsicht vor zu schnellem Hochschießen im regionalen Bereich! Bedenke immer, wenn du in Schratzenhofen gut verkaufst, kennt dich 50 km weiter kein Mensch mehr und die Kunstmetroploen werden dich noch Jahre nicht kennen. Wenn nun dein Preis zu hoch ist, (du kannst nicht mehr hinuntergehen), wirst du anderorts immer schlecht verkaufen; dir bleibt nur deine Region. Und wenn du nicht verkaufst, kommst du niemals an die Spitze oder auch nur in hohe Regionen. Das Hochkommen ist sehr schwierig, das gebe ich zu, aber das Hochkommen mit der falschen Politik ist unmöglich.

B) Was muss ich beachten, wenn ich im Kunsthandel Fuß fassen möchte?

Viele junge Künstler, die ich kennengelernt habe, waren da äußerst unsicher, anderer waren sicher oder gaukelten mir das vor. Als Galerist hat mich das Selbstbewusstsein eines Künstlers nicht wirklich interessiert. Es interessierten mich mehrere andere Fragen, die ich auch stellte:

  1. Hat der Künstler ein Portfolio zum Vorzeigen und auch lange und ausreichend gearbeitet?
  2. Warum möchte er in Galerien ausstellen?
  3. Möchte er auch in anderen Galerien ausstellen und auch an seine Freunde aus dem Atelier?
  4. Wie macht er seine Preise ab Atelier?
  5. Wie kann ich mit ihm auskommen?
  6. Wie ist es um seine Loyalität bestellt?

Denn es geht darum, dass wir ohne Vertrag einen langen gemeinsamen Weg gehen. Alle Künstler, die letztlich keine Loyalität aufwiesen, wurden aus dem Programm entfernt und es kräht kein Hahn mehr nach ihnen.

Ad 1. Wenn ich ein Portfolio ansehe, erkenne ich bereits sehr viel. Vor allem in Skizzenbüchern. In Skizzen kann ich am einfachsten feststellen, ob der Künstler eine „Hand“ hat. Ist er imstande, seiner zeichnerischen Hand auch eine malerische Komponente zu verleihen und beherrscht er das Licht? Dies gilt natürlich für den Maler, habe ich einen reinen Zeichner vor mir, sind die Skizzen vlcht. Aufschlussreich im Sinne des Erarbeitens eines Themas, aber letztlich zählt die fertige Zeichnung, in der er auch seine Fabulierfreude erkennen lassen sollte.
Der Umfang der Arbeiten sollte auch nicht zu gering sein, aber alles ins Portfolio zu geben ist auch schlecht. Nur die besten Arbeiten! Ist der Händler/Galerist interessiert, wird er ohnehin im Atelier mehr sehen wollen.
Eine Geschichte: Einst kam ein Aquarellist in meine Galerie und hatte eine Mappe mit. Ein s.gen. Mappenmann. Es waren darin vielleicht fünfzehn Aquarelle von schwacher Qualität. Eines war darunter, das nicht ganz so übel war. Ich fragte, ob er noch mehr in dieser Art hätte. Er meinte, er sei gerade aus Irland zurück und das sei die Ausbeute, mehr hatte er gar nicht, mit dem wenigen wollte er eine Ausstellung keilen. Auch im Ateleier hatte er keine weiteren Arbeiten. Er flog natürlich hinaus.

Ad 2. Dem Galeristen ist es am liebsten, wenn der Künstler nicht auch der Vermarkter sein möchte. Hier eignen sich also wenig selbstbewusste besser. Je mehr sich ein Künstler von seinem Vertrauenshändler beraten lässt, desto wahrscheinlicher gelingt der gemeinsame Weg. Voraussetzung ist natürlich, dass dieses Vertrauen nicht nur einseitig gegeben wird. Es gibt ja nicht nur unter Künstlern illoyale Menschen.

Ad 3. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich habe sehr gerne meine Hauskünstler in andere Galerien vermittelt (was nicht immer gelang, weil manchmal auch der Neid zu groß war). Solange der Gebietsschutz eingehalten wurde, stand nie etwas dagegen. (Der Gebietsschutz wird kleiner, je bedeutender/berühmter ein Künstler ist. Aber unter 100 km sollte er nicht sinken. Hausverkäufe habe ich immer grundsätzlich ausgeschlossen, außer der Preis war völlig gleich. Lieber war es mir, wenn ein Künstler, der etwa einem persönlichen alten Freund etwas verkauft, mich die Rechnung stellen ließ, wobei ich mit einem Anstandsprozentsatz zufrieden war. Es geht hier darum, dass kein Käufer das Gefühl haben darf, es gäbe irgendwo auf der Welt diese Bilder billiger. Besser war, der Künstler schenkte seinem Freund zu Weihnachten ein zweites Bild. Denn ein Geschenk hat keinen Preis und kann auch keinen Preis zerstören.

Ad 4. Die Preise ab Atelier implizieren nicht, dass ein Künstler zu solchen im Atelier verkauft, sondern zu welchen Bedingungen er an den Handel verkauft. Diese Preise müssen dann überall gleich sein. In Auktionen hat man keinen Einfluss auf den Verkaufspreis, aber man kann sich überlegen, wenn beispielsweise ein Konvolut auftaucht, mitzusteigern, um den Preis zu stützen. Bleibt man dann auf einem Bild sitzen, ist das nicht so schlimm, schlimmer wäre, wenn keine Gebote fallen.

Ad 5. Das ist eine Frage, die sich erst im Gespräch langsam herausstellt. Diese Frage ist meist eine wichtige, denn ein Künstler kann noch so begabt sein, wenn ich menschlich mit ihm nicht zurande komme, werden beide unglücklich. Ist kein persönlicher Draht da, lass ich es eher bleiben. Ich war mit allen Hauskünstlern auch persönlich befreundet.

Ad 6. Die Loyalität ist ebenso schwer zu beurteilen, wie sie wichtig ist. Ohne Loyalität beiderseits ist jede Verbindung zum Scheitern verurteilt. Ich kenne einige Künstler, die loyal zum Kunsthandel standen und durch die schwierige Anfangszeit freundschaftlich durchgefunden haben, letztlich hatten sie ein gutes Auslangen und manchmal wurden sie sogar durchaus wohlhabend, in manchen Fällen auch reich. Dagegengestellt kenne ich eine Unzahl von Künstlern, die auf der Strecke blieben, und es lag in fast allen Fällen an der mangelnden Loyalität.
Warum ist diese nun so wichtig? Das ist ein Marktgesetz. Ich fragte junge Künstler immer dieselbe Frage: „Möchtest du ein gebrauchtes Fahrrad sein, oder wärst du lieber ein Ferrari. Den ersten Fall bekommst du an jeder Straßenecke, eine Ferrari aber nur beim Vertragshändler. Fahr nach Maranello und kauf ab Fabrik einen Ferrari. Die schmeißen dich raus.“ Auch erklärt sich das Phänomen des Künstlerkollegen, der die Preispolitik verurteilt und auch die Tatsache, dass jemand den Kunsthandel wählt, von selbst: In dessen Atelier stapeln sich die unverkauften Bilder, und er möchte damit nicht alleine sein, er will den Verbündeten mit in den Abgrund ziehen. Soziologisch logisch.
Vergleicht man die Wege Hausverkauf (die Atelierausstellungen bedeuten übrigens auch einen Aufwand, der nicht zu gering zu schätzen ist) und Kunsthandel, so stellt sich für mich heraus, dass praktisch kein Künstler es je ohne Kunsthandel ganz nach oben geschafft hat. Gerade im regionalen Bereich ist oft der qualitativ schwächere aber kunsthandelsloyale Künstler gegenüber dem qualitativ deutlich besseren Atelierverkäufer im Verkauf seiner Werke eindeutig überlegen. Eine Tatsache, die sich auch posthum fortsetzt, und das macht dann natürlich den Sammler unglücklich.

Ein Tipp zum Schluss: Die Türe einer guten Galerie geht vielleicht für dich auf, weil du nett und gut und auch vernünftig bist; bist du illoyal, schließt sie sich wieder, denn es stehen draußen 10 neue. Und einmal draußen, wird sie sich für dich nie wieder öffnen.